DIE PRAGER NEUSTADT

Dem Besuch dieses Stadtteils können wir bei genügend Zeit einen ganzen Tag widmen. Einen halben Tag können wir in der Neustadt verbringen, den anderen auf dem Vyšehrad.

Die Prager Neustadt ist die vierte und letzte der Prager Städte, mit deren Gründung die mittelalterliche Entwicklung Prags endete. Die Stadt wurde 1348 von Karl IV. so grosszügig angelegt, dass es erst im 19. Jahrhundert zu einer vollen Bebauung der Fläche kam. Bis heute ist das ursprüngliche Strassennetz, dessen Mittelpunkt drei grosse Marktplätze waren, erhalten. Einer von ihnen, der heutige Wenzelsplatz (ursprünglich Pferdemarkt) bildet bis heute das Stadtzentrum. Der Wenzelsplatz - Václavské náměstí sieht heute wie ein grossstädtischer Boulevard aus, der von Bauten des 19. und 20. Jahrhunderts gesäumt wird - sein Ursprung liegt allerdings im Mittelalter. Am unteren Ende stiess der knapp einen Kilometer lange Platz auf die Befestigung der Altstadt. Am oberen Ende steht heute dort, wo sich einstmals das Pferdetor befand, das monumentale Nationalmuseum - ein Ende des 19. Jahrhunderts erbautes Neorenaissance-Gebäude von Josef Schulz.

Unterhalb vom Museum erhebt sich aus dem Pflaster ein symbolisches Denkmal für die Studenten Jan Palach und Jan Zajíc, die sich hier 1969 aus Protest gegen die sowjetische Okkupation selbst verbrannt haben.

Das Denkmal des hl. Wenzel, umrahmt von vier Landesheiligen, dominiert den oberen Wenzelsplatz. Das um die Jahrhundertwende entstandene Denkmal ist ein Werk von Josef Václav Myslbek.

Unweit des Nationalmuseums steht ein weiteres bedeutendes Gebäude aus der Zeit der Jahrhundertwende - die Staatsoper, ein Werk der Wiener Architekten Hermann Hellmer und Ferdinand Fellner.

Der Wenzelsplatz ist in einen "unteren" Teil mit der Pfarrkirche des hl. Heinrich und der hl. Kunigunde (Jindřichšská-Strasse) und "oberen" mit der Pfarrkirche des hl. Stefan (Štěpanská-Strasse) geteilt.

Unseren Spaziergang setzen wir in der belebten Vodičkova -Strasse fort, an deren Ecke das im Neorenaissance-Stil erbaut Wiehl-Haus (Václavské nám. 34) steht.

Von der Vodičkova-Strasse biegen wir gleich rechts in die Passage mit dem Kino Světozor. Diese führt uns zu dem anmutigen Franziskanergarten, der ursprünglich zum hiesiegen Franziskanerkloster gehörte. Die Maria Schnee-Kirche wurde Mitte des 14. Jahrhunderts von Karl IV. gegründet, aber nie vollendet. Fertiggestellt wurde lediglich der Chor, der heute als Kirche dient und die höchste Prager Kirche ist (33m). Das Interieur ist im frühbarocken Stil.

Kehren wir in die Vodičkova-Strasse zurück, deren gegenüberliegende Strassenseite der Lucerna-Palast einnimmt (Vodičkova 36). Die moderne Passage, deren Bau der Grossvater des Präsidenten Václav Havel begann, beherbergt Geschäfte, Büros, Restaurants und Kinos.

Ein weiteres interessantes Beispiel der Architektur des frühen 20. Jahrhunderts ist das Haus U Nováků (Vodičkova 28). Der Architekt Osvald Polívka führte in ihm den Reichtum des tschechischen Jugendstils vor.

Das ein paar Schritte weiter gelegene Gebäude, Höhere Mädchenschule (Vodičkova 22) genannt, ist ein Werk von Ignaz Ullmann aus dem 19. Jahrhundert. Es ist ein Beispiel der böhmischen Neorenaissance mit ihrer typischen Sgrafitti-Gestaltung.

Der grösste Prager Platz ist der Karlsplatz - Karlovo náměstí, ursprünglich Viehmarkt. Der zugewachsene Park verhindert einen Blick auf den gesamten Platz. Um wirklich zu sehen, dass es sich um den grössten Platz Europas handelt (80.500 m2), müssen wir ihn von oben, vom Rathausturm, betrachten. Der Bau des Neustädter Rathauses (an der nordöstichen Platzseite) wurde in den 70er Jahren des 14. Jahrhunderts begonnen. Ein Grossteil des ursprünglich gotischen Gebäudes blieb auch nach den in der Renaissance vorgenommenen Umbauten erhalten.

In der Mitte des Platzes an der Ostseite steht die St. Ignatius-Kirche mit dem ehemaligen Neustädter Kolleg. Die Kirche entstand im Frühbarock Mitte des 17. Jahrhunderts, aus der gleichen Zeit stammt auch das Interieur.

Auf der gegenüberliegenden Platzseite führt die Resslova-Strasse zur Moldau. Hier stehen sich zwei Kirchen gegenüber - zum einen die romanische hl. Wenzel-Kirche, zum anderen die barocke Kirche des hl. Cyrill und Method. In dieser befindet sich das Mahnmal der Versöhnung, das an die Zeit der deutschen Besatzung erinnert, insbesondere an das Attentat auf Heydrich. Dessen Akteure versteckten sich nämlich in der Krypta dieser orthodoxen Kirche.

Kehren wir zum Karlsplatz zurück. Wenn wir noch etwas Zeit haben, machen wir einen Abstecher. An der Südwestseite des Platzes biegen wir in die Strasse U nemocnice ein und gehen durch die Kateřinska-Strasse bis zur Strasse Ke Karlovu. Hier finden wir das barocke Gebäude, das nach seinem einstigen Besitzer Michna-Lustschloss, aber auch Villa Amerika, genannt wird. Der anmutige Bau von Kilian Ignaz Dientzenhofer beherbergt heute das Antonín Dvořák-Museum (Ke Karlovu 20).

Am Ende dieser Strasse befindet sich ein weiterer bedeutender Bau der Neustadt - die Kirche der Jungfrau Maria und Karls des Grossen auch Karlshof genannt. Auch wenn sie mehrmals umgebaut wurde, ist die ursprüngliche Architektur aus der Zeit Karls IV. bis heute erhalten. Der achtseitige Bau erinnert an die Pfalzkapelle Karls des Grossen in Aachen, an dessen Herrschaft Karl IV. symbolisch anknüpfte.

Die meisten anderen Häuser in dieser Gegend sind Krankenhäuser, kehren wir also lieber zum Karlsplatz zurück. (Wir könnten aber auch über die grosse Nusle-Brücke das Kongresszentrum erreichen und von diesem den Vyšehrad.)

Das Eckhaus am Karlsplatz, Mladot- oder aber Faust-Haus (Karlovo náměstí 40) genannt, hat eine barocke Fassade. Seinen Kern bildet allerdings ein gotischer Palast aus dem 14. Jahrhundert. Einige seiner Bewohner widmeten sich der Alchemie, deshalb ist gerade mit diesem Haus die Prager Version der Faustlegende verbunden.

Gehen wir die Vyšehradska-Strasse entlang und biegen links in eine unscheinbare Einfahrt in der Mauer (Nr.49), so erreichen wir das Emauz. Das Kloster der Bendektiner des slawischen Ritus gründete Karl IV. An Ostern 1372 wurde es feierlich geweiht. Das Kloster überlebte alle historischen Wendungen, Ende des 2. Weltkriegs wurde es durch Bombenangriffe schwer beschädigt. Wie durch ein Wunder blieb das Wertvollste erhalten - die Fresken im Kreuzgang aus der Mitte des 14. Jahrhunderts.

Die gegenüberliegende Kirche des hl. Johannes am Felsen gehört zu den beeindruckensten Beispielen des dynamischen böhmischen Barocks. Sie ist ein Werk von Kilian Ignaz Dientzenhofer aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts.

Die Vyšehradska-Strasse gehen wir weiter hinunter bis wir den Botanischen Garten der Karlsuniversität erreichen. Ursprünglich lag der Garten auf der anderen Moldauseite, wo ihn Kaiserin Maria Theresia gegründet hat. Vor 100 Jahren musste er den dortigen Bautätigkeiten weichen und wurde hier angelegt.

Durch die Trojicka-Strasse mit der Dreifaltigkeitskirche erreichen wir das Ufer. Von hier können wir einen Abstecher nach links machen. Hier stehen unterhalb des Vyšehrads einige kubistische Häuser. Oder wir gehen rechts das Ufer entlang zum František-Palacký-Platz (Náměstí Františka Palackého). In dessen Mitte steht das Palacký-Denkmal (tschechischer Historiker) von Stanislav Sucharda und Josef Mařatka aus dem frühen 20. Jahrhundert.

Die Häuserfront des Rašin-Ufers (Rašínovo nábřeží) wird von einer interessanten modernen Dominante abgeschlossen, dem Tanzenden Haus (Rašínovo nábřeží 80). Das Haus entstand 1996 nach Plänen von Frank O. Gehry und Vlado Milunič. Die Uferfassade erinnert mit ihren Wellen an die Moldau, die Silhouette an ein tanzendes Paar. Auf dem angrenzenden Platz steht das Alois-Jirásek-Denkmal, ein tschechischer Schriftsteller, der den Grossteil seines Lebens in einem der Häuser hier verbrachte.

Der Wasserturm gehörte früher zu einer Mühle, die aber zum Grossteil abgerissen wurde. Ebenso wie andere Wassertürme entstand auch dieser Ende des 15. Jahrhunderts und wurde später einige Male umgebaut. Das angrenzende funktionalistische Gebäude des Künstlerkreises Mánes dient Ausstellungen. Das zum Grossteil Anfang des 20. Jahrhunderts gebaute Masaryk-Ufer (Masarykovo nábřeží) bietet interessante Architektur. Zu den beeindruckensten Häusern gehört das des Sängerbundes Hlahol (Masarykovo nábřeží 16). Das Jugendstilgebäude ist ein Werk von Josef Fanta.

Die früher nicht regulierte Moldau bildete verschiedene Inseln. Einige von ihnen wurden befestigt und sind heute grüne Oasen in der Stadt. Die Slaweninsel diente und dient bis heute vor allem als gesellschaftliches Zentrum. Seit dem 19. Jahrhundert finden hier Konzerte und Bälle statt.

Das Nationaltheater stellte im damaligen tschechisch-deutschen Prag ein Symbol der tschechischen Emanzipation dar. Finanziert wurde das 1868 bis 1881 erbaute Gebäude durch öffentliche Sammlungen. Das von Josef Zítek projektierte monumentale Neorenaissance-Gebäude brannte jedoch kurz vor seiner Eröffnung aus. Innerhalb von zwei Jahren wurde es nach Plänen von Josef Schulz neu gebaut. Am 18. November 1883 eröffnete Smetanas Oper "Libuše" die erste Saison. An der Innen- und Aussengestaltung beteiligten sich zahlreiche führende tschechische Künstler. Die modernen Gebäude neben dem Theter entstanden in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts in Zusammenhang mit einer Gesamtrekonstruktion des Theaters. In einem von ihnen befindeet sich eine weitere Bühne, die heute die Laterna Magica nutzt.




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